Kompetenz- und Personalentwicklung in Zeiten von Digitalisierung – wie können digitale Lernangebote für die behördliche Fort- und Weiterbildung genutzt werden?

Der PIAZZA-Workshop „Kompetenz- und Personalentwicklung in Zeiten von Digitalisierung – wie können digitale Lernangebote für die behördliche Fort- und Weiterbildung genutzt werden?“ wurde vom Stein-Hardenberg Institut (SHI) und der FITKO durchgeführt. Die Teilnehmer:innen, die unter anderem selbst in der Personalentwicklung in der Verwaltung und Wissenschaft arbeiten, tauschten sich über digitale Lernformate für Mitarbeitende in der öffentlichen Verwaltung und spezifisch über die Weiterentwicklung des eGov-Campus aus. Abschließend wurde ein vom SHI entwickeltes Selbstevaluationstool vorgestellt und diskutiert. 

eGov-Campus: Digitale Kompetenzen für die öffentliche Verwaltung 

In einem Impuls stellte Luca Mollenhauer (FITKO) den eGov-Campus vor. Die Plattform wurde im Jahr 2020 von mehreren Hochschulprofessor:innen ins Leben gerufen, um den digitalen Kompetenzaufbau von Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung zu unterstützen. Der eGov-Campus wird von der FITKO im Auftrag des IT-Planungsrats gesteuert und arbeitet auch mit etlichen Partnern zusammen, darunter die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, die das Projekt didaktisch unterstützt.  

Der eGov-Campus bietet eine Vielzahl an Kursen und Modulen rund um die Verwaltungsinformatik, die von Hochschulprofessuren in den Bereichen Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik entwickelt wurden. Viele der Inhalte entsprechen Hochschulniveau. Alle Kurse sind frei und offen lizenziert, sodass die Inhalte kostenfrei in anderen Lernangeboten nachgenutzt werden können. Aktuell umfasst das Angebot 19 Kurse, es wird auch regelmäßig aktualisiert und weiterentwickelt. Zukünftig sollen sogenannte „Micro-Degrees“ eingeführt werden, wobei man eine Teilnahme- oder Leistungsbescheinigung erhalten kann. Der Kurs mit den meisten Einschreibungen ist aktuell „Prozessmanagement im öffentlichen Sektor“ von der Universität Münster.  

Das Bildungsangebot des eGov-Campus zeichnet sich durch interaktive Elemente aus, neue Formate befinden sich auch in der Entwicklung. Bei manchen Formaten fühlt man sich wie in einem Hörsaal, was das akademische Niveau der Inhalte widerspiegelt. Gleichzeitig müssen die Kurse an individuelle Lerngewohnheiten angepasst werden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Vernetzung der Lernenden. Für die Weiterentwicklung des eGov-Campus ist zudem eine engere Zusammenarbeit mit Behörden geplant, um ihre Bedarfe besser zu identifizieren und den eGov-Campus stärker in bestehende institutionelle Fortbildungsangebote zu integrieren.  

Was macht gute digitale Lernangebote aus?  

In Kleingruppen wurde darüber diskutiert, welche Merkmale gute digitale Lernangebote auszeichnen und wie diese weiter verbessert werden können. Dabei wurden einige zentrale Eigenschaften identifiziert:  

  • Praxisorientierung: Digitale Lernangebote sollten einen klaren Praxisbezug aufweisen, der den Nutzen und die Relevanz der Thematik für eigene Projekte oder Anliegen von Anfang an verdeutlicht. Dies kann beispielsweise durch konkrete Lernziele oder praxisnahe Übungen erfolgen, wie etwa in einer „KI-Werkstatt“, in der man Prompts für ChatGPT entwickelt. Der niedrigschwellige Zugang sowie ein klar erkennbarer Mehrwert der Inhalte sollten im Vordergrund stehen.  
  • Anpassung an Bedarfe: Manchmal gibt es eine Diskrepanz zwischen den Bedarfen der Personalreferent:innen und den tatsächlichen Bedarfen der Mitarbeitenden. Um Fortbildungen zielgerichtet zu gestalten, ist es notwendig, die Tätigkeiten und konkreten Projektsituationen der Teilnehmenden zu verstehen. Quizfragen oder Tests am Ende jedes Kapitels fördern die Aufmerksamkeit und das Verständnis der Lernenden. Flexibilität in der Nutzung – beispielsweise durch auf Abruf verfügbare Inhalte und das Lernen im eigenen Tempo – erhöht die Attraktivität und Machbarkeit des Angebots. Zudem ermöglicht ein kurzer „Refresher“ einen einfachen Wiedereinstieg. Unterschiedliche Zielgruppen und Lernbedarfe sollten berücksichtigt werden, etwa durch flexible Zeitpläne, unterschiedliche Vertiefungsstufen oder vielfältige Lernformate, die verschiedene Lerntypen ansprechen. Niedrigschwellige Anleitungen, wie z.B. die Bedienung einer App, können den Zugang erleichtern. 
  • Technische Gestaltung: Die Lernplattform sollte nutzerfreundlich, intuitiv bedienbar und barrierefrei sein. Funktionen wie eine Suchfunktion, eine Merkliste oder Erinnerungen an offene Kurse können Teilnehmende zusätzlich unterstützen. Die Inhalte sollten auch mit verschiedenen Endgeräten – nicht nur Laptops, sondern auch Smartphones und Tablets – kompatibel sein.  
  • Gamification: Interaktive und spielerische Elemente können genutzt werden, um Mehrwert zu bieten. Beispiele hierfür sind Virtual- und Augmented-Reality-Anwendungen oder ein 3D-Campus, auf dem sich Lernende mit Avataren bewegen können. Allerdings sollten Aufwand und Nutzen solcher Elemente abgewogen werden, um sicherzustellen, dass sie einen tatsächlichen Mehrwert bieten.  
  • Austausch und Begleitung: Eine Kombination aus Selbstlernelementen und Austauschmöglichkeiten ist optimal. Dies kann durch Präsenzelemente, digitale Foren oder synchrone Onlinemeetings gewährleistet werden. Ein Beispiel ist die „Datensprechstunde“ vom Civic Data Lab / CorrelAid – ein offenes, persönliches Beratungsangebot für interessierte Personen.  

Projekt „Kompetenzturbo Digitalisierung“ 

Im Anschluss stellten Philipp Kuscher und Ayleen Siegemund vom Stein-Hardenberg Institut das in diesem Jahr gestartete Projekt „Kompetenzturbo Digitalisierung“ vor. Sie erläuterten, dass der eGov-Campus trotz hoher Nutzer:innenzahlen noch relativ unbekannt ist. Bisher hat keine Behörde den eGov-Campus systematisch und auf allen Ebenen eingeführt; die Teilnahme basiert häufig auf der Eigeninitiative einzelner Mitarbeitender.  

Das Forschungsprojekt „Kompetenzturbo Digitalisierung“ setzt genau hier an und untersucht, wie die digitalen Lernangebote des eGov-Campus die Personalentwicklung in Verwaltungsstellen besser erreichen können und die systematische Einbindung in die Fort-/Weiterbildung erhöht werden kann. Dazu wurden unter anderem Interviews und Workshops mit Fokusgruppen durchgeführt.  

Die bisherigen Ergebnisse zeigen unter anderem, dass das Verständnis – insbesondere auf politischer Ebene – für die Bedeutung der Weiterbildung von Mitarbeitenden in der öffentlichen Verwaltung noch unzureichend ist. Dafür gibt es verschiedene Gründe: Es herrscht z. B. eine Genehmigungskultur, wobei Mitarbeitende sich oft unsicher sind, ob sie eine Weiterbildung überhaupt machen dürfen. Zudem gibt es nicht viele dedizierte Personalentwickler:innen in der Verwaltung. Der Fokus liegt oft auf der Nachbesetzung freier Stellen, während Weiterbildungsmaßnahmen weniger Priorität haben. Darüber hinaus gibt es noch relativ wenig Erfahrung mit Selbstlernformaten. Insgesamt zeigte sich also eine schwierige Ausgangssituation für den eGov-Campus.  

Selbstevaluationstool: Vorstellung und Feedback  

Um die Nutzungszahlen trotz dieser Herausforderungen zu steigern, wird im Rahmen des Forschungsprojekts ein webbasiertes Selbstevaluationstool entwickelt. Dieses Tool soll die Einführung digitaler Lernformate in der behördlichen Fort- und Weiterbildung unterstützen. Entwickelt wird es vom Stein-Hardenberg Institut und soll bis Ende 2024 fertiggestellt sein. Das Tool soll den Verantwortlichen in Behörden eine praxisnahe Hilfestellung bieten. Es hilft dabei, die Lernangebote des eGov-Campus in die Konzeption und Umsetzung eigener digitaler Lernformate zu integrieren – von der Bedarfsanalyse über die Auswahl geeigneter Methoden bis hin zur Umsetzung und Evaluation. Nach Projektabschluss wird das Tool kostenlos auf der Website des eGov-Campus zur Verfügung gestellt.  

Im Workshop wurde der aktuelle Prototyp des Tools vorgestellt und Feedback von den Teilnehmenden eingeholt. Dabei wurde die Zielgruppe des Tools genauer definiert: In vielen kleineren Kommunen gibt es keine Personalentwickler:innen, aber es gibt Mitarbeitende, die diese Aufgabe übernehmen. Das Selbstevaluationstool richtet sich daher an alle, die sich in der Lage fühlen, etwas bewegen zu können. Das Tool kann in jedem Bereich des öffentlichen Sektors angewandt werden, in dem Personalentwicklung eine Rolle spielt.  

Auch die Kommunikation und Werbung für das Tool wurden im Workshop thematisiert. So gab es zum Beispiel den Vorschlag, das Tool über Verbände wie die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) zu verbreiten. Denn Multiplikator:innen spielen eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung des Tools. Für besonders wichtig halten die Teilnehmenden eine gut durchdachte Kommunikationsstrategie, um die Mehrwerte des Tools sichtbar zu machen – gerade im Hinblick auf den Zeitmangel, mit dem Personalentwickler:innen oft konfrontiert sind. Zusätzlich könnten Veranstaltungen und Foren für die öffentliche Verwaltung eine gute Gelegenheit bieten, das Tool zu präsentieren, bei der Ausfüllung zu unterstützen und einen Austausch darüber anzuregen. 


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