Der Workshop wurde von Anna Frische, Leonie Zetzen und Frank Herold von der Deutschen Bundesbank geleitet und die Breakout-Sessions zusätzlich von Tina Reimer von der Senatskanzlei Hamburg unterstützt. Nach einem ersten Check-in, bei dem sich alle Teilnehmenden mit ihrer Motivation und einem Technologietrend, den sie aktuell als besonders spannend empfinden, vorgestellt hatten, gaben die Workshophosts einen Einblick, wie sich die Trendforschung bei der Deutschen Bundesbank gestaltet. Der Fokus lag hierbei auf dem inhouse entwickelten Trendradar.
Der Trendradar stellt eine grafische Übersicht und Kategorisierung relevanter Technologietrends dar. Zu jedem Trend gibt es eine Trendkarte, die unter anderem Informationen zu Anwendungsfällen, Branchenbeispielen und Kontaktpersonen innerhalb der Organisation enthält. Als Hauptinformationsquelle ermöglicht der Trendradar ein kontinuierliches Monitoring der Trends und dient der Vernetzung.
Ein Blick hinter die Kulissen: Vorgehen, Herausforderungen und Erfolge im Trendmanagement
Für den Trendradar gibt es einen klaren Prozess, der eine durchgängige Beteiligung aller Beschäftigten ermöglicht, angefangen mit der Identifikation bzw. Meldung potenzieller Trends im Rahmen der Scanning-Phase. Zweimal im Jahr finden Workshops mit 30-40 Kolleg:innen verschiedener Abteilungen statt, um die identifizierten Trends hinsichtlich ihrer Technologieattraktivität, ihres Disruptionspotenzials und ihrer Bedeutung für die Bundesbank zu bewerten. Eine Kurzabfrage im Anschluss der Präsentation ergab, dass etwa ein Drittel der Workshopteilnehmenden ebenfalls einen Trendradar bzw. vergleichbare Projekte in ihrer Organisation betreiben.
In der Folge gaben die Workshophosts einen kurzen Abriss der Entwicklung ihres Tech Innovation Management Teams und der Chancen und Herausforderungen, die ihnen in ihrem Arbeitsalltag begegnen. Denn es ist nicht nur eine Herausforderung, im Auf und Ab vieler zumeist kurzlebiger Hypes die wirklich relevanten Trends zu identifizieren. Die Kunst besteht auch darin, ein Instrument wie den Trendradar nicht zu überfrachten und Trends auch einmal „ziehen zu lassen“. Auch Ressourcenfragen und der Einbezug möglichst aller Mitarbeitenden waren ein wiederkehrendes Thema. Während die Herstellung eines kontinuierlichen Commitments der Kolleg:innen zur Unterstützung bei der Trendpflege und des Trendmonitorings eine Herausforderung sein kann, sind die Beteiligung und das Feedback der Teilnehmenden zu den Bewertungsworkshops überaus positiv. Erfolgsgeschichten von RPA und IoT zu generativer KI und Quantencomputing, die durch den Trendradar in den Arbeitsalltag der Bundesbank integriert wurden, zeigen den Wert des Instruments und der dazugehörigen Prozesse.
Erstellung eines Wissenspools zu Quellen für die Trendidentifikation
Danach wurden auf dem Conceptboard von den Workshopteilnehmenden Quellen für das Trendscanning gesammelt, geclustert und in der zweiten Runde spezifiziert. Hierbei ergaben sich 14 Cluster:
Quellentypen | Konkrete Quellen (Beispiele) |
Newsletter, Nachrichtenseiten und (Fach-)Presse | Technology Review, Heise, Golem, Tagesspiegel, Süddeutsche Zeitung, Trend One, WEF, RSS-Feeds verschiedener Blogs |
Webportale und Social Media | LinkedIn, Mastodon, Google Trends |
Podcasts | ct 3003, das Politikteil – Zeit, Handelsblatt Disrupt, TED Talks Daily, Presseschau |
Trendradare und Trendreports anderer Organisationen | Zukunftsinstitut, Gartner |
Fachliteratur (Bücher, Zeitschriften) | Über Google Scholar, Researchgate oder arXiv |
Meinungsumfragen und -studien | IPSOS, Ifo Institut, yougov, GESIS |
Forschungsprojekte, Bachelor-/Masterarbeiten | |
Forschungsinstitute, Universitäten & Fachhochschulen | Fraunhofer, Max-Planck, Helmholtz, Leibniz; RWTH Aachen oder TU Darmstadt, DFKI |
Start-up-Ökosystem | de:hub Initiative, Startup Awards, Crunchbase, Genome Startup Reports |
Besuch von Messen, Fachveranstaltungen und Webinaren | Zukunftskongress, Digitaler Staat, re:publica, Creative Bureaucracy Festival, Smart Country Convention |
Austausch mit externen Akteuren | Communities of Practice, Gremien, Netzwerke (wie NExT, KGSt, NEGZ, n3gz, GovTech Campus, Forum agile Verwaltung) |
Interne Veranstaltungen und Umfragen | Strategieworkshops, Fachtagungen, Kolloquien, Interviews und Befragungen mit internen Stakeholdern |
Regelmäßige Trendreviews und Wardley Mapping | |
Andere Quellen | Call for Papers, Tracks oder Agenden von Konferenzen |
Auch die perspektivische Automatisierung der Trendidentifikation klang hierbei in einigen Beiträgen an.
World Café zur Trendbewertung
Im Anschluss gab es ein World Café, bei dem in vier parallelen Gruppen in Runde 1 relevante Technologietrends für die Verwaltung gesammelt wurden, die in Runde 2 in einer Matrix anhand ihres Potenzials und ihrer Relevanz bewertet wurden. In Runde 3 wurden Anwendungsfälle für die Trends gesammelt. Besonders hoch bewertet wurden u. a. Low Code, Automatisierung (durch KI), Identitätsmanagement, Open Data und digitale Zwillinge. Anwendungsfälle, die hierbei genannt wurden, waren für Low Code bspw. RPA (Citizen Developer bzw. Programmer), Daten(bank)-Anwendungen, Onlinedienste und Anträge, für digitale Zwillinge Gesundheit, Mobilität, Bürgerdienste, Nachhaltigkeit, Gebäudemanagement, Stadtentwicklung, Szenarien/Simulationen und predictive maintenance und für Automatisierung die Erstellung von Tätigkeits- und Leistungsbeschreibungen, juristische Prüfungen, revisionssichere Beschaffung und Vergabe, Unterstützung in der Justiz, Transkription und Zusammenfassung von Besprechungen oder ein Chatbot für die 115. Hierbei wurden auch Verknüpfungen der Trends untereinander sichtbar. Über alle Gruppen hinweg zeigte sich zudem, dass auch nicht-technische Trends wie Nachhaltigkeit, digitale Ethik oder Wirkungsorientierung die Entwicklung der identifizierten Technologietrends entscheidend beeinflussen.
Fazit
Die Teilnehmenden aus den unterschiedlichsten Organisationen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene arbeiteten engagiert mit und empfanden den Workshop als sehr inspirierend und bereichernd. Auch die angebotene Möglichkeit zur Vernetzung untereinander wurde gerne angenommen.
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