Lösungen auf Basis von Open-Source-Software (kurz: Open Source) sind eine unverzichtbare Grundlage aktueller IT und gewinnen auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung an Bedeutung. Quelloffene Software, die modifiziert und nachgenutzt werden kann, reduziert die Abhängigkeit der ÖV von einzelnen IT-Herstellern, Allerdings sind bei der Nutzung von Open Source auch Herausforderungen zu meistern. Im Workshop „Vom Code zum Service: Wie können OS-Lösungen von der ÖV einfach nachgenutzt werden?“ ging es um den Austausch von Erfahrungen, um einen Beitrag dazu zu leisten, wie die öffentliche Verwaltung erfolgreich Open-Source-Anwendungen einsetzen kann.
Die Referentinnen des Workshops, Lea Beiermann und Janou Feikens vom Zentrum Digitale Souveränität (ZenDiS), hatten schon vor dem Workshop-Termin die Teilnehmer:innen aufgefordert, Beispiele in den Workshop mitzubringen und Best Practices bzw. Hürden aus dem Alltag auf dem Workshop-Board zu sammeln und so den Workshop mit vorzubereiten.
Herausforderungen aus der Praxis
Der Workshop brachte Teilnehmer:innen aus verschiedenen Bereichen der Verwaltung zusammen, darunter Kommunen, ein Bundesministerium sowie Organisationen auch außerhalb der Verwaltung, was zu einer interessanten Mischung mit viel Praxiserfahrung führte. In der Vorstellungsrunde wurden zahlreiche Herausforderungen aus der Praxis thematisiert: Es wurde betont, dass es oft besser ist, einfach zu handeln, anstatt alles „zu Tode zu durchdenken“. Zudem wurde die Bedeutung der Community hervorgehoben, insbesondere wenn man mehr erreichen möchte, als nur bestehende Software zu nutzen. Die Neuentwicklung von Open-Source-Software im Auftrag der öffentlichen Verwaltung stellt ebenfalls eine Herausforderung dar.
Anschließend wurden die zuvor gesammelten Hürden priorisiert und in einer offenen Diskussion erörtert. Durch die vorherige Materialsammlung konnte schnell inhaltlich eingestiegen werden: Best Practices und Hürden wurden ergänzt und gemeinsam erörtert. Ein zentraler Punkt dieser Diskussion war die Hürde „fehlendes Architekturverständnis“. Will man Fachanwendungen nicht isoliert betrachten, so muss man das Zusammenspiel der Anwendungen verstehen. Es braucht einen Überblick über das Gesamtbild der Anwendungen und der Infrastruktur. Welche Softwarelösungen dienen als Basis zukünftiger Entwicklungen (Technologie-Stack), auch für die Realisierung von Prototypen? Neben dieser Hürde aus dem Bereich Technik wurde eine weitere im Bereich Vergabe identifiziert. Rahmenverträge sind noch nicht überall auf Open Source abgestimmt, daher sind oft weitere Individualverträge nötig. Weiterhelfen können dabei Textbausteine für die Vergabe. Es ist eine andere Sichtweise notwendig: Statt über ein Produkt und seine Beschreibung zu gehen, sollte man sich zukünftigen Softwarelösungen über die Sammlung von Anforderungen (“Requirements Engineering”) nähern. Aus der gemeinsamen Diskussion dieser praktischen Hürden entwickelten sich mit Vergabe und Kompetenzaufbau zwei Themen für die Weiterarbeit in Gruppen.
Kompetenzaufbau
In der Gruppe Kompetenzaufbau ging es zunächst um die Gewinnung von qualifizierten IT-Spezialisten, wozu auch eine hohe Eingruppierung (ohne die übliche Grundlage Personalverantwortung) notwendig sein kann. Diesem Personenkreis ist auch wichtig, dass mit aktueller Technik und an interessanten Projekten gearbeitet wird. Es gilt, Vorurteilen gegenüber dem Arbeiten in der öffentlichen Verwaltung entgegenzutreten, ein Link zu aktuellen Projekten und Einblick in den Quellcode kann dabei helfen. Punkten kann die Verwaltung als sozialer Arbeitgeber, bspw. mit flexiblen Arbeitszeiten. Längerfristig kann die Rekrutierung von Entwickler:innen aus dualen Studiengängen eine weitere Möglichkeit sein, qualifiziertes Personal zu finden und damit IT-Kompetenz innerhalb der Verwaltung aufzubauen.
Beim Kompetenzaufbau stellt neben der Entwicklung von neuer Software auch der Betrieb von Anwendungen eine zunehmende Herausforderung dar. Oftmals ist die IT einer Kommune nicht darauf vorbereitet, verfügbare freie Softwareanwendungen oder -komponenten zum Laufen zu bringen, insbesondere wenn es um die Kombination von Diensten oder die Einbindung (bestehender) Basisdienste geht. Zwar nutzen viele Kommunen Dienste von kommunalen Rechenzentrumsbetreibern, aber es braucht auch Kompetenz innerhalb der Kommune, um beispielsweise die Angebote eines Dienstleisters effektiv und effizient nutzen zu können. Zudem braucht es auch Kompetenzen für die Nutzung weiterer, interner Anwendungen und es ist schneller und günstiger, wenn eine Testinstallation hausintern durchgeführt werden kann. Verkürzt kann man die Herausforderungen beim Kompetenzaufbau so zusammenfassen: Die Bedeutung von Basisarbeit an der Software-Infrastruktur der strategischen Steuerung wird noch nicht ausreichend erkannt.
Ansätze zum Weiterentwickeln
Im Workshop entwickelten die Teilnehmer:innen erste Ansätze für den Kompetenzaufbau und die Vergabe. Die Materialien lassen sich auch nach dem Workshop ergänzen. Die gesammelten Erfahrungen fließen in die Weiterentwicklung von Open CoDE ein. Anfang 2025 ist ein Anschlussworkshop* geplant, um zentrale Themen für den erfolgreichen Einsatz von Open-Source-Lösungen in der öffentlichen Verwaltung weiter zu vertiefen. Der PIAZZA-Workshop zeigte, dass bereits wertvolle Praxiserfahrungen vorliegen und ein starkes Interesse am Austausch besteht – ideale Voraussetzungen für zukünftig verstärkten Erfahrungsaustausch.
Bei Interesse am Termin, der am 04.02.2025 stattfinden wird, bitte bei Dr. Lea Beiermann (lea.beiermann [at] zendis.de) melden. |
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