Low-Code – ein Gamechanger für die öffentliche Verwaltung?!

Der PIAZZA-Workshop „Low-Code – ein Gamechanger für die öffentliche Verwaltung?!“ fing mit einer kurzen Kennenlern-Phase an, in der sich alle Teilnehmenden vor dem Hintergrund ihrer Kenntnis und bisherigen Erfahrungen mit Low-Code vorgestellt haben. In einem ersten, vorbereiteten Impuls zum Thema „Low-Code in der Registermodernisierung“ wurde die Grundlage für die Arbeit im Workshop gelegt. Der Begriff „Low-Code“ wurde erläutert, um eine gemeinsame Verständnisgrundlage zu schaffen. Dabei wurde auch die Registermodernisierung kurz eingeführt. „Low-Code ermöglicht Fachexpert:innen das Erstellen von maßgeschneiderten Anwendungen ohne klassische Programmierkenntnisse“ – so lässt sich der Begriff pragmatisch definieren. Dahinter steht das Konzept der modellgetriebenen Softwareentwicklung, bei dem aus einer fachlichen oder domänenspezifischen Beschreibung der IT-Aufgabe automatisch eine lauffähige Anwendung generiert wird. Man kann sagen, dass Low-Code auf den bisherigen Generationen von Programmiersprachen aufbaut, bei denen die Abstraktionsebene zunehmend erhöht wurde, um die eigentliche Problemlösung oder Aufgabenbeschreibung einfacher und verständlicher zu gestalten. Mit Low-Code ist es nun möglich, dass Fachexpert:innen innerhalb ihres Fachgebiets eine Anwendung beschreiben können und diese durch eine Reihe von IT-Werkzeugen automatisch erstellt wird. 

Grundstein: Registermodernisierung 

Die kurze Einführung in das Thema Registermodernisierung behandelte zunächst die Gründe: Ein zentraler Aspekt ist die Umsetzung des Once-Only-Prinzips, das im Onlinezugangsgesetz (OZG) verankert ist. Dieses Prinzip besagt, dass Daten und Nachweise nur einmal an die Verwaltung übermittelt werden müssen und anschließend zwischen den Behörden ausgetauscht werden können. Der Zugriff auf Register bildet die Grundlage für die vollständig digitale Abwicklung von Verwaltungsprozessen und ermöglicht es der Verwaltung, auch in Zeiten des Fachkräftemangels handlungsfähig zu bleiben.  

Gleichzeitig ist die Verfügbarkeit von Registern eine notwendige Voraussetzung für einen Registerzensus, wissenschaftliche Analysen und letztendlich für eine evidenzbasierte Politik. Bei der Umsetzung müssen selbstverständlich der Datenschutz, die Datensicherheit und die föderalistischen Besonderheiten berücksichtigt werden. Um den Datenaustausch zu ermöglichen, wird im Rahmen der Registermodernisierung das 4-Corner-Modell eingeführt. Dieses Modell sieht vor, dass die Kommunikation über Intermediäre erfolgt. Dadurch werden die Nutzung und die Weiterleitung von Daten zu zwei voneinander unabhängigen Vorgängen. Behörden können Informationen aus Registern anfragen, während die Prüfung der Berechtigung und die Weiterleitung der Informationen über Intermediäre erfolgen, wobei die Intermediäre die verschlüsselten Daten nicht auswerten können. 

Wie kann die Registermodernisierung durch Low-Code unterstützt werden?  

Nach dem Impuls wurde der Frage nachgegangen, inwieweit das Low-Code-Konzept bei der Registermodernisierung helfen kann. Hier wurde die Data Provider Seite als datenliefernde Stelle und die Data Consumer Seite als empfangende Stelle von Registerdaten beleuchtet. Dabei wurde ein behördeniinitierter Registerabruf in den typischen Ablauf eines Fachverfahrens eingebettet und als Prozess mit der Nutzung von Funktionen wie Datenschutzcockpit, Registerdatennavigation, Vermittlungsdienst und Nachweisabrufdienst dargestellt. In diesem Fall wurde in einer vereinfachten Darstellung der Registerabruf als Teil des Fachverfahrens dargestellt, aber er kann auch als externer Basisdienst gesehen werden, wenn beispielsweise die Anträge über ein Antragsportal oder Servicekonto in das Fachverfahren eingehen oder Nachweise gefordert werden. 

In einem nächsten Schritt wurde diskutiert, welche Aufgaben im Kontext der Registerertüchtigung sinnvoll mit Low-Code gelöst werden können und welche nicht. So wurde für einzelne Registerbausteine und Funktionen die Low-Code-Umsetzbarkeit diskutiert. Gerade komplexere Aufgaben wurden als klassische Programmieraufgaben bewertet.  

Bewertung der Vor- und Nachteile von Low-Code in der öffentlichen Verwaltung  

Am Ende des Workshops wurden Vor- und Nachteile von Low-Code in der Verwaltung nochmals zusammenfassend diskutiert. Die Verwendung von Low-Code bietet Vorteile wie Zeitersparnis, Automatisierung von Prozessen, einfache Verbindung von Standardmodulen, erweiterbare Funktionalität und bessere Übersichtlichkeit bei Anwendungen, Verbesserung der Datenqualität, geringe Anforderungen an Programmierkenntnisse, potenziell übertragbare Low-Code-Kompetenzen zwischen Mitarbeitenden und die Möglichkeit, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. 

Auf Seiten der Data Consumer können bei der Implementierung von Fachverfahren, insbesondere unter Verwendung von Low-Code-Plattformen (LCP), einige potenzielle Nachteile auftreten, die frühzeitig beachtet und gegebenenfalls antizipiert werden sollten: Die vermeintliche Einfachheit der Implementierung von Fachverfahren mit LCP kann dazu führen, dass Änderungen und Anpassungen unnötig erschwert werden. Dadurch wird es schwierig, Entscheidungen über die Zukunftsfähigkeit der gewählten Lösung zu treffen. Zudem könnten LCP-basierte Implementierungen technologisch kurzlebig sein, was möglicherweise nicht im Verhältnis zum Aufwand steht, der mit ihrer Erstellung verbunden ist. Daher ist es wichtig, gut dokumentierte und standardisierte Modellbeschreibungen zu nutzen, die wiederverwendet werden können. 

Bei der Verwendung des Low-Code-Konzepts sind Programmier- oder zumindest IT-Kenntnisse erforderlich. Trotz des Bemühens um Programmierfreiheit müssen Fachexpert:innen dennoch über gewisse technische Kenntnisse verfügen, um effektiv mit Low-Code-Plattformen umgehen zu können. Die Auswahl und Anpassung von Tools müssen genau auf die jeweilige Aufgabe und das Anwendungsgebiet abgestimmt sein, was zu einer gewissen Spezialisierung führt. Dies kann den Implementierungs- und Einarbeitungsaufwand erhöhen. Generell kann bei der Programmierung von IT-Komponenten und -Diensten das Konzept Low-Code zu zusätzlichen Aufwänden führen. Dementsprechend muss das Prinzip konsequent genutzt werden, um die Aufwände durch intensive Nutzung und Wiederverwendung zu rechtfertigen. 

Besondere Herausforderungen für die öffentliche Verwaltung  

Für die öffentliche Verwaltung ergeben sich spezielle neue Herausforderungen bei der Umsetzung von Low-Code-Lösungen. Die Beschaffung und der Betrieb können neue Wege und eine Anpassung an sich ändernde Anforderungen bedingen. Die Anforderungen für den Einsatz von Low-Code müssen genau definiert und kontinuierlich an die sich ändernden Bedarfe angepasst werden. Dies kann einen zusätzlichen Organisationsaufwand bedeuten. 

Fazit

Obwohl die Teilnehmenden des Workshops eingangs eher zurückhaltend bei der Einschätzung ihrer Low-Code-Kompetenzen waren, konnten aufgrund ihrer Erfahrungen aus der Praxis und ihrem technischen Vorwissen wertvolle inhaltliche Beiträge zu den Fragestellungen des Workshops gesammelt werden. Dieses allgemeine Verständnis des Problemraums Low-Code konnte die konkrete Anwendung auf den Bereich der Registermodernisierung bereichern. 


Beitragsbild von Sen auf Unsplash